Ödipus in Kolonos ist das letzte und mit mehr als 1770 Versen längste Werk des 90jährigen Sophokles. Die 406/405 v.Chr. entstandene Tragödie der "Versöhnung und Vollendung", in der die Motive Exil in der Fremde, Asyl, Unversehrtheit der Landschaft, Diesseits und Jenseits zusammenklingen, läßt den Tod des tragischen Helden nicht nur als Überwindung von Leiden, sondern auch als Eintritt in ein reineres Jenseits erscheinen" (Hellmuth Flashar). Peter Handke hat dieses Stück ins Deutsche übertragen.
Verbannt aus Theben, gelangt der alte, blinde, zum Bettler gewordene Ödipus nach Kolonos. Dort, in dem ländlichen Vorort Athens, sucht er Zuflucht an einem Altar, wo er auf Theseus, König von Athen, wartet, um von ihm Asyl zu erbitten. Theseus gewährt ihm diesen Wunsch und bietet dem Fremden Schutz und bequemere Unterkunft an. Ödipus' Töchter Antigone und Ismene sind fürsorglich beim Vater, während seine Söhne Eteokles und Polyneikes sowie deren Onkel Kreon in Theben Machtkämpfe ausfechten und Ödipus jeweils eigennützig zur Rückkehr und zu politischer Parteinahme zu bewegen versuchen. Ödipus aber verkündet, bis zu seinem Tod in Kolonos bleiben zu wollen, und gibt seinen schutzspendenden Segen, den er den streitenden Parteien in Theben verweigert hat, den Athenern, die für Pflege der Gastfreundschaft, Achtung der Götter und Rechtssicherheit stehen.