Blinzele ich oder nicht? Ich spüre doch, wie mein Auge zuckt, es ist wie ein nervöser Tick. Es ist das linke Auge, wahrscheinlich nur eine Durchblutungsstörung. Wohl nichts Ernsthaftes. Und nicht von ungefähr. Mir geht es nicht gut, ich bin müde, erschöpft, verzweifelt, tot. Wache ich gerade auf? Warum? Ich bin so erschöpft, dass ich lieber gleich weiterschlafen würde, statt mich hier umsehen zu müssen. Ich frage mich, womit ich mich vorgestern beschäftigt habe. Hatte ich vor alledem überhaupt ein Leben? Hat es vor diesen ganzen Geschehnissen irgend etwas gegeben, an das es sich zu erinnern lohnt? Warte ich auf irgend etwas von früher? Ich meine, warte ich auf eine Erinnerung, die ich vergessen habe? Habe ich so etwas wie eine Vergangenheit? Wo ist alles hin, was einst passiert ist? Konnte ich mich vor kurzem noch daran erinnern, die früher passiert sind? Habe ich nicht vielleicht gerade etwas vergessen, an das ich mich hätte erinnern können? Ich wache aus einem bleiernen Schlaf auf. Es gelingt mir aber nicht wirklich, diesen Schlaf abzuschütteln, ich weiß nicht mehr, was davor war, ich kann mich nicht mehr an das Einschlafen selbst erinnern, also ist es vielleicht gar kein Tiefschlaf, sondern Normalzustand.
Aristide Antonas ist Schriftsteller, bildender Künstler und Architekt. Er studierte Architektur in Athen und Philosophie in Paris, wo er 1993 seine Promotion abschloss. Er ist Professor an der Universität von Thessalien und hat auch an der UCL und der AA in London, an der ETH in Zürich, an der Akademie der Künste in Wien und an der Freien Universität in Berlin unterrichtet. Antonas hat Prosa, Essays und Theaterstücke veröffentlicht. Jüngste Präsentationen seiner literarischen und bildnerischen Arbeiten wurden auf der Daejeon Biennale of Art and Science, Daejeon, Korea (2022) und im Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.) (2022) gezeigt. Antonas lebt und arbeitet in Athen und Wien.